Die neue Orgel
Das Orgelzentrum VOX COELESTIS
Als ich im Jahre 2003 von einer Seelsorgerin eines Linzer Krankenhauses gebeten wurde, bei der Anschaffung einer Digitalorgel für die Spitalskapelle behilflich zu sein, stellte ich fest, dass es ziemlich schwierig war, von den in- und ausländischen Händlern eine kompetente Beratung zu bekommen. Aus diesem Grund wandte ich mich direkt an mehrere Herstellerfirmen, und im Zuge eines Werksbesuchs bei der italienischen Firma „Viscount“ wurde mir angeboten, den Vertrieb für Österreich zu übernehmen, da man mit dem bisherigen Geschäftspartner nicht zufrieden war. Als Musikschullehrer und praktizierender Kirchenorganist war mir bekannt, dass es viele Gegner von digitalen Orgeln gibt, daher zögerte ich vorerst, dieses Angebot anzunehmen, aufgrund meiner technischen Interessen war es dann für mich doch verlockend genug, den Beginn eines Handels mit diesen Instrumenten zu wagen. Um für potentielle Kunden attraktiv zu sein, war es notwendig, auch Instrumente anderer Hersteller anzubieten, was dazu führte, dass wir letztendlich die Produkte von bis zu sechs Herstellern in unserem Sortiment hatten. Wegen der klanglichen Vorzüge und des ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnisses blieb aber Viscount unser klarer Favorit. Da immer das Bessere der Feind des Guten ist, war es schwierig, die Produkte der anderen Hersteller abzusetzen, daher gaben wir den Vertrieb deren Instrumente nach und nach wieder auf und konzentrierten uns letztendlich ganz auf „Viscount“.
Um den Gegnern dieser Instrumente möglichst viel Wind aus den Segeln zu nehmen, bemühte ich mich von Beginn an, die Orgeln, besonders jene, die für Kirchen bestimmt waren, so gut es ging zu intonieren, um ein überzeugendes Klangergebnis erzielen zu können, das vom Klang einer Pfeifenorgel kaum zu unterscheiden war. Damit konnte ich mir ein gutes Image aufbauen, was dazu führte, dass ich viele namhafte Organisten mit Hausorgeln beliefern durfte. Auch für Konzerte und Freiluftgottesdienste, wie z. B. für die Papstmesse in Mariazell, waren unsere Instrumente sehr gefragt. Höhepunkt war der Auftrag des Wiener Musikvereins, im berühmten „Goldenen Saal“ eine große Interimsorgel zur Verfügung zu stellen, die zweieinhalb Jahre lang zur vollsten Zufriedenheit aller Verantwortlichen bis zur Inbetriebnahme der neuen Pfeifenorgel ihren Dienst versah.
Da auch immer mehr Kirchen des viel günstigeren Preises wegen eine Digitalorgel anschaffen wollten, sahen sich die „Orgelsachverständigen“ Österreichs veranlasst, diesem Bestreben ein Ende zu setzen. Durch den großen Druck, der auf die anschaffungswilligen Pfarren ausgeübt wurde, war es in den letzten Jahren kaum mehr möglich, eine Kirche mit einem digitalen Instrument auszustatten. Das Ergebnis war aber oft nicht die Anschaffung einer unfinanzierbaren Pfeifenorgel, sondern das Ausweichen auf Keyboards und Digitalklavieren, mit der Konsequenz, dass die Aufführung traditioneller Kirchenmusik kaum mehr möglich war. Möglicherweise bewirkte diese Tatsache auch bei den Gegnern dieser Instrumente ein leichtes Umdenken, sodass in letzter Zeit doch hin und wieder die Anschaffung eines digitalen Instruments nicht mehr mit aller Gewalt verhindert wird. Auch das Bekanntwerden der Installation einer Digitalorgel im Petersdom in Rom hatte eine entsprechende Wirkung, weil dadurch ein absichtlich fehlinterpretierter, die Orgel in der Liturgie betreffender Satz aus der „Konstitution über die Heilige Liturgie“ des II. Vatikanischen Konzils, weitgehend wirkungslos wurde.
Es war mir daher eine große Freude, wieder einmal einen Auftrag für eine große Kirchenorgel zu bekommen und dieses attraktive Orgelprojekt in der Kirche in Kindberg verwirklichen zu können. Durch die Ausstattung mit einer vielkanaligen Abstrahlung und sorgfältiger Intonation konnte ein sehr schönes und ansprechendes Klangergebnis erzielt werden.
Ich bedanke mich bei den Verantwortlichen der Pfarre Kindberg für das entgegengebrachte Vertrauen und wünsche den Organist(inn)en und der Pfarrbevölkerung viel Freude mit diesem Instrument.
Reinhold Breslmayr